Eine alte Frau, die im Umkreis eines von dieser grünen Höhle umgebenen Hauses ein Beet bestellt; ein junges Mädchen, das in ein eben solches eingegraben liegt, nur der Kopf schaut heraus, wie – ja genau – ein Kopfsalat; eine Frau mittleren Alters, die all das – oder doch nur den menschenleeren Garten? – beobachtet. Anfang Juni erzählt von etwas: Die zeitlichen Schichten und räumlichen Segmente – das Beet, ein Teich, das Haus – beziehen sich aufeinander, sie deuten einen Zusammenhang, einen Sinn, wenn man so will, an. Und doch ist die Erfahrung den Film zu sehen auch so etwas wie reines Kino: Farben und Formen in Bewegung, Nebelbänke undLichtreflexionen, Summen, Rascheln, der Schnitt einer rostigen Gartenschere, sinnliche Eindrücke, die vor allem über Blicke und schwebend geführte Kamerabewegungen miteinander verwoben werden. Der Film als ein Ort, den man betritt, um in ihm zu sein, mit dem ganzen Körper, atmend, fühlend, mehr als bloß sehend.
Einmal läuft das Mädchen aus dem Beet mit einem Mann (ihrem Vater?) um einen Waldsee, der im Zentrum dieses dichten, verworrenen Films zu liegen scheint. Schummrig und vibrierend gleitet ihre Reflexion über dessen Oberfläche und bringt so einen weiteren Raum in den Film hinein: Nicolas Roegs Don't Look Now (1973), in dem der Tod des Mädchens im roten Regenmantel mit genau diesem Bild vorweggenommen wird, um später alle Räume und Zeiten für immer, wieder und wieder heimzusuchen. Das ganze Kino, die Geschichte seiner Bilder, ist ein verwunschener Garten, in dem Filme sich verästeln, verhaken, aus dem Blickfeld verschwinden, um irgendwann wieder aufzutauchen, um in einzelnen Bildern neue, oft auch düstere Blüten zu treiben.
Text - Alejandro Bachmann
Kerstin Neuwirth ist in Kärnten, Österreich geboren.
Sie studierte zunächst Kunstgeschichte und Romanistik an der Universität Wien.
Im Anschluss absolvierte sie ein Filmstudium an der Kunsthochschule für Medien Köln. Ihre Kurzfilme, u.a Anfang Juni und Die Bergfrau liefen auf internationalen Festivals. Für Anfang Juni erhielt sie den Förderpreis des NRW-Wettbewerbs bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. 2014 wurde sie mit dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen in der Kategorie Film ausgezeichnet. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem Debütfilm ABITANTI. Kerstin Neuwirth lebt als freie Filmemacherin und Casterin in Köln.